Selektive Wahrnehmung – Fortsetzung
Dieser Artikel erschien erstmals am 30.9.2011 auf dem Vorgängerdomain.
Das erste Experiment (Zählung der Vorkommenshäufigkeit des Buchstaben „F“)
Nun, wie oft haben Sie den Buchstaben „F“ gesehen im Text?
Vielleicht dreimal? Dann herzlichen Glückwunsch! Wie die meisten haben Sie die falsche Antwort gefunden.
Es sind 6!
Schauen Sie genau hin.
Sehen Sie auf das Wort „OF“ – das kommt dreimal vor, also gibt es neben den mutmaßlich 3 von Ihnen wahrgenommenen noch drei weitere Male den Buchstaben „F“.
Das zweite Experiment (Auffälligkeiten in den mathematischen Gleichungen)
Ist Ihnen aufgefallen, dass eine Gleichung falsch ist?
Oder ist Ihnen aufgefallen, dass drei Gleichungen richtig sind?
Das ist doch das Gleiche, werden Sie sagen? – Im Hinblick auf den objektiven Sachverhalt haben Sie damit völlig recht. Aber für die Darstellung stimmt das natürlich nicht. Vielmehr ist es wie mit dem halbvollen oder halbleeren Glas Wasser. im einen Fall sieht man eher das Positive, im anderen eher das Negative.
Das Beispiel zeigt, dass wir schon eher dazu neigen, die kritischen Punkte in den Vordergrund zu rücken – wir stellen das halbvolle Glas eben doch häufiger als „halbleer“ dar als andersherum. Das muss wohl so sein. Denn natürlich werden die Dinge, die „gut laufen“, als selbstverständlich und normal hingenommen. Es gibt keinen weiteren Optimierungsbedarf.
3. Aufgabe
Wenn Sie noch etwas mehr über dieses interessante Thema lernen wollen, dann nehmen Sie sich die Zeit, folgenden Film zu betrachten (Dauer: nur circa 3 min.), in dem es um eine Zählaufgabe geht. Sie sehen ein Basketballspiel, und Sie müssen dabei zählen, wie oft der Ball zwischen den Spielern mit den weißen Trikots gewechselt wird – das ist gar nicht so einfach!
Hier ist der Link (ein neues Fenster oder eine neue Registerkarte werden aufgehen): Zum Film .
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Wir kehren aber zurück zum Thema dieser Site: Parkinson. Warum erzähle ich das mit der selektiven Wahrnehmung hier? Nun, es macht einen Riesenunterschied, ob Ihre Umgebung weiß, dass Sie Parkinson haben, oder nicht.
Dies bedeutet, dass der Moment der Offenbarung einem anderen gegenüber ein sehr einschneidender ist. Und das ist ganz natürlich. Es gibt sicherlich nicht viele Botschaften, die eine ähnliche Wirkung haben wie: „Ich habe Krebs.“, „ich habe Multiple Sklerose“ oder eben „ich habe Parkinson“. In der Regel reagieren alle Informierten sehr betroffen, bieten spontan Hilfe an und sind erschüttert über die Nachricht.
Daneben gibt es aber einen weiteren Effekt: Die, die es wissen, erwarten nichts mehr von Ihnen! In der Regel ist die Sorge um den Gesundheitszustand des anderen gleichzeitig die Erklärung, dass man „gerade“ nicht damit rechnet, dass noch nennenswerte Leistungen vom Erkrankten erbracht werden. Oder haben Sie zum Beispiel schon mal jemandem im Krankenhaus besucht und ihn gebeten, bei den Hausaufgaben Ihres Kindes zu helfen, Ihre Schuhe zu putzen, Ihnen Geld zu leihen, mit Ihnen Reisepläne zu machen? Im Regelfall sicherlich nicht. Und auch das ist normal: Der Kranke soll geschont werden.
Kurzum: Sie laufen das Risiko, einen Teil Ihrer Aufgaben zu verlieren. Und jedenfalls zum Teil ist das vielleicht auch wirklich völlig in Ordnung, weil bestimmte Dinge nicht mehr gehen.
Aber: Was machen Sie, wenn es gar keine Aufgabe mehr gibt?
Sie brauchen keine? Sie können sich dann endlich die Ruhe gönnen, nach der Sie sich immer gesehnt haben? Nein: Es ist wie beim Älter-Werden. Diejenigen, die im Ruhestand glücklich sind, sind diejenigen, die wie auch immer geartete Aufgaben haben: die Enkel hüten, den studentischen Nachwuchs trainieren, noch einmal promovieren etc.
Sie können sich die Aufgaben ja sogar selbst geben, wenn alle Stricke reißen. Wichtig ist jedenfalls, dass Sie sich nicht vorschnell „aus dem Rennen boxen“ lassen. Dafür ist Ihr Leben sicherlich noch zu lang, zu spannend und – ja, auch das! – zu schön.
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Die Beispiele sind der folgenden Website der Universität München entnommen worden (auch hier gilt: wenn Sie das Video oben betrachten wollen, machen Sie das zuerst, bevor Sie hier nachlesen können, was der Effekt ist – es macht immer mehr Spaß, selbst zu ERLEBEN, wie es wirkt): Zur Website der Universität München mit dem Methodenkoffer zur selektiven Wahrnehmung. Dabei wird ein neues Fenster oder eine neue Registerkarte in Ihrem Browser geöffnet.
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Eine weitere Fortsetzung: Artikel zur selektiven Wahrnehmung – weitere Fortsetzung.
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