Ehrlichkeit der Ärzte

Dieser Artikel erschien ursprünglich am 16.12.2009 auf dem Vorgängerdomain.

Versetzen wir uns einmal in den Arzt hinein: Vor Ihnen sitze zum Beispiel ein Patient, dessen Unterlagen Ihnen klar zeigen, dass es sich um einen Fall von schwerem Krebs mit einer Restlebenserwartung von unter einem Jahr handelt.

Was sagen Sie ihm – und wie?

„Sie haben Krebs und eine Restlebenserwartung von einem Jahr.“ – zu direkt?

„Sie haben Krebs und vermutlich noch ein Jahr zu leben.“ – wieso die Einschränkung?

„Sie haben Krebs.“ – wieso lassen Sie den zweiten Teil weg? Warten Sie auf Nachfragen? Z.B. „Und wie lange habe ich noch zu leben?“ oder „Und was bedeutet das für mich?“

In der Regel wird es irgendeinen – noch so vagen – Hoffnungsschimmer geben. Dann klingt es vielleicht so:
„Sie haben Krebs und vermutlich noch ein Jahr zu leben – aber es gibt einen Silberstreifen am Horizont: ein neues Medikament.“

Oder man nimmt den technischen und medizinischen Fortschritt als Beruhigungsmittel.

Und nun seien wir ehrlich: Wenn wir dieser Arzt wären – würden wir es anders machen?