Selektive Wahrnehmung

Dieser Beitrag erschien ursprünglich auf dem Vorgängerdomain am 30.9.2011

Bitte nehmen Sie sich die Zeit, folgenden Film zu betrachten (Dauer: nur circa 3 min.), in dem es um eine Zählaufgabe geht. Sie sehen ein Basketballspiel, und Sie müssen dabei zählen, wie oft der Ball zwischen den Spielern mit den weißen Trikots gewechselt wird – das ist gar nicht so einfach!

Hier ist der Link (ein neues Fenster oder eine neue Registerkarte werden aufgehen): Zum Film .

Und hier finden Sie die Besprechung des Filmes: Zur Diskussion des Filmes

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Wir kehren aber zurück zum Thema dieser Site: Parkinson. Warum erzähle ich das mit der selektiven Wahrnehmung hier? Nun, es macht einen Riesenunterschied, ob Ihre Umgebung weiß, dass Sie Parkinson haben, oder nicht.

Dies bedeutet, dass der Moment der Offenbarung einem anderen gegenüber ein sehr einschneidender ist. Und das ist ganz natürlich. Es gibt sicherlich nicht viele Botschaften, die eine ähnliche Wirkung haben wie: „Ich habe Krebs.“, „ich habe Multiple Sklerose“ oder eben „ich habe Parkinson“. In der Regel reagieren alle Informierten sehr betroffen, bieten spontan Hilfe an und sind erschüttert über die Nachricht.

Daneben gibt es aber einen weiteren Effekt: Die, die es wissen, erwarten nichts mehr von Ihnen! In der Regel ist die Sorge um den Gesundheitszustand des anderen gleichzeitig die Erklärung, dass man „gerade“ nicht damit rechnet, dass noch nennenswerte Leistungen vom Erkrankten erbracht werden. Oder haben Sie zum Beispiel schon mal jemandem im Krankenhaus besucht und ihn gebeten, bei den Hausaufgaben Ihres Kindes zu helfen, Ihre Schuhe zu putzen, Ihnen Geld zu leihen, mit Ihnen Reisepläne zu machen? Im Regelfall sicherlich nicht. Und auch das ist normal: Der Kranke soll geschont werden.

Kurzum: Sie laufen das Risiko, einen Teil Ihrer Aufgaben zu verlieren. Und jedenfalls zum Teil ist das vielleicht auch wirklich völlig in Ordnung, weil bestimmte Dinge nicht mehr gehen.

Aber: Was machen Sie, wenn es gar keine Aufgabe mehr gibt?

Sie brauchen keine? Sie können sich dann endlich die Ruhe gönnen, nach der Sie sich immer gesehnt haben? Nein: Es ist wie beim Älter-Werden. Diejenigen, die im Ruhestand glücklich sind, sind diejenigen, die wie auch immer geartete Aufgaben haben: die Enkel hüten, den studentischen Nachwuchs trainieren, noch einmal promovieren etc.

Sie können sich die Aufgaben ja sogar selbst geben, wenn alle Stricke reißen. Wichtig ist jedenfalls, dass Sie sich nicht vorschnell „aus dem Rennen boxen“ lassen.  Dafür ist Ihr Leben sicherlich noch zu lang, zu spannend und – ja, auch das! – zu schön.