Agonisten und ihre Nebenwirkungen – Einführung
Insbesondere bei jüngeren Patienten wird oft am Anfang der medikamentösen Therapie nicht L-Dopa eingesetzt, sondern eine Medikamentenklasse, die im Hinblick auf die Symptomvermeidung ähnlich effektiv ist: die sogenannten Agonisten.
In der Regel wirken Agonisten länger in der Tagesdosierung (meist 24 Stunden gegenüber einigen wenigen Stunden L-Dopa), aber auch in der Langfristanwendung (viele Jahre, zum Teil mehr als eine Dekade).
Jahrelange L-Dopa-Gabe führt in der Regel irgendwann zu störenden sogenannten Überbewegungen, also unwillkürlichen Zuckungen und fahrigen Bewegungen.
Die Auswirkungen der langjährigen Agonisteneinnahme dagegen liegen in der Regel weniger im motorischen Bereich. Vielmehr kann es Effekte auf das allgemeine körperliche Wohlbefinden, den Schlaf und die Psyche (im weitesten Sinne) geben.
Im Bereich allgemeinen Wohlbefindens gibt es zum Beispiel die folgenden möglichen Nebenwirkungen:
- Übelkeit,
- anschwellende Beine,
- trockene Haut,
- Sodbrennen.
Vorstellbare Auswirkungen auf den Schlaf oder den Schlafrhythmus:
- Schlafattacken und Müdigkeitsanfälle,
- allgemeine Schläfrigkeit,
- nächtliche Schlaflosigkeit,
- Albträume,
- nächtliche Aktivitäten während des Schlafes (Um-sich-schlagen).
Im psychischen Bereich gibt es ebenfalls eine ganze Menge denkbarer Seiteneffekte der Medikation:
- Halluzinationen,
- Paranoia, Verfolgungswahn,
- Stimmungsschwankungen.
Ebenfalls dem psychischen Bereich kann man die sogenannten Impuls-Kontroll-Störungen zuordnen. Sie gehen mit Süchten einher wie zum Beispiel Spiel-, Kauf- und Computersucht, um nur einige zu nennen. Man handelt also impulsiv, ohne vernünftige Motivation. Und man schädigt sich selbst oder andere, zum Beispiel durch Schuldenaufnahme. Es fällt einem schwer, das eigene Verhalten rational zu kontrollieren. In der jeweiligen Situation nimmt man dies allerdings nicht als problematisch wahr, vielmehr fühlt man sich möglicherweise noch als Held.
Im Grunde genommen ist das eine schreckliche Situation – man macht „dumme Sachen“, hält aber gleichzeitig an der Wahnvorstellung fest, man tue Gutes. Gleichzeitig empfindet man möglicherweise auch noch Glücksgefühle. Manchmal kommt das Erwachen schon kurze Zeit später, manchmal allerdings vielleicht auch gar nicht.
Während die einzelnen Handlungen möglicherweise recht spontan und plötzlich vorgenommen werden, lassen sich die Handlungsmuster möglicherweise schon im Vorfeld und über einen sehr langen Zeitraum (Monate bis Jahre) erkennen. Das Kernproblem dabei ist natürlich die Frage: Wann ist es wahnhaft? Die Scheidelinie zwischen einer „Marotte“ und einer „Sucht“ ist sicherlich nicht trennscharf.
All diese Ausführungen zeigen, wie komplex und vielschichtig die Zusammenhänge sind. In einem Folgebeitrag möchte ich daher einige ganz konkrete Beispiele aufzeigen, die die Schwierigkeiten einer praktischen Beurteilung beleuchten. Und in einem weiteren Beitrag will ich dann aufzeigen, welche Ansätze es geben könnte, um die negativen Effekte einer langjährigen Agonisteneinnahme möglichst weit „nach hinten“ (zeitlich gesehen) zu schieben. Und schließlich möchte ich etwas über den Schlaf sagen – denn eines lernt jeder Parkinson-Kranke ganz schnell: Dem regelmäßigen Schlaf kommt eine riesige Bedeutung zu, die man kaum überschätzen kann.
Link zum Folgebeitrag: Agonisten – Impuls-Kontroll-Störungen.
Link zum Schlußbeitrag: Agonisten – Vermeidungsstrategien.