Parkinson-Messung

Wozu die Beschäftigung mit solch einem Thema? Man kann viel über die späten Stadien lernen und man bekommt ein Gefühl dafür, wie schwierig ein „Begreifen“ der Erkrankung ist. Und schließlich: Mit diesen Stichworten im Internet gesucht findet man viel über die fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung.

Kann man Schmerzen messen? Sie wissen das sicherlich schon – für mich aber war das Neuland: Nein, nicht wirklich. So lautet die einfache Antwort auf die simple Frage. Wenn man etwas über den „gefühlten“ Wert erfahren will, dann fragt man den Patienten nach einer Zahl zwischen 0 (kein Schmerz) und 10 (stärkster vorstellbarer Schmerz). Und da wird es subjektiv. Denn wie stark ist der maximal vorstellbare Schmerz bei unterschiedlichen Menschen?

Bei Parkinson sieht es nicht viel besser aus.. Es gibt Fragebögen wie den PDQ-39 (Parkinson’s Disease Questionnaire (PDQ-39)),. Beispiele für Fragen sind, wie oft man in einer vorhergehenden Zeiteinheit Probleme hatte, seine Einkaufstüten zu transportieren oder bestimmte Streckenlängen zu gehen.

Es gibt außerdem Tests, die bestimmte objektive Parameter erheben. Zum Beispiel muss man mit einem Stift eine gestrichelte Linie nachfahren und sich dabei innerhalb eines auf dem Papier vorhandenen Korridors bewegen. Man kann die Zeit messen, die der Proband benötigt.

Oder man misst Geschwindigkeiten: Wie lange benötigt ein Patient, um sich einmal um die eigene Achse zu drehen?

Aber die wohl einfachste Messung, die im Alltag von Patienten untereinander praktisch immer durchgeführt wird, ist die Frage nach dem Zeitpunkt der Erstdiagnose. Der Zeitraum, der dann vergangen ist, gibt eine ungefähre Vorstellung vom Fortschreiten der Erkrankung. Oft werden einzelne Symptome „abgeglichen“ (zum Beispiel die Ergebnisse und Erlebnisse des Riechtests, Hinfallen).

Oft erzählen mir Leute von Parkinson-Fällen in ihrem Bekanntenkreis. Ich frage dann immer, wann die Diagnose gestellt wurde, wie alt der Betreffende ist und ob es sich eher um Lähmung oder Zittern handelt. Meist hat man dann ein ganz gutes Bild.

Parkinson ist eine hochgradig individuelle Erkrankung. Einige beginnen mit Zittern, andere mit Lähmung. Manche fallen des Öfteren hin, andere gar nicht. Manche haben eine klare Stimme, bei anderen wird sie etwas verwaschen. Und so gibt es zahlreiche Merkmale, die man auflisten kann.

Und: Natürlich wirkt sich die Medikation sowie die Inanspruchnahme anderer Therapieformen aus, allen voran die THS (Tiefe Hirnstimulation).

Aus all diesen Gründen ist es verständlich, dass man die Erkrankung bei einem Patienten nicht in einer einzigen Zahl darstellen kann. Es ist wie mit einem Schulabgänger, dessen Noten der letzten Jahre nach irgendeiner Formel zu einem gewichteten Mittel zusammengerechnet werden. Diese Abgangsnote sagt etwas über den Schüler, aber hinter einer Note verbergen sich zahlreiche unterschiedliche Muster. Eine Gesamtnote 2 – „gut“ -kann dadurch entstehen, dass man überall gleichmäßig gut ist oder aber in sozialkundlichen Fächern sehr gut, in naturwissenschaftlichen dagegen befriiedigend abgeschnitten hat.

Nach all diesen Aspekten eines jeden Versuchs, eine Maßzahl für die Schwere der Erkrankung zu finden, hier noch ein wichtiger Versuch zur Findung einer adäquaten Methodik zur Messung.

Ausgangspunkt sind Angaben eines Arztes. Diese Skala heißt – nach ihren Erfindern – Hoehn-Yahr. Sie ist die am häufigsten verwendete zur „Einstufung“ einer Parkinson-Erkrankung.

Sie umfasst 5 Stufen – von leicht nach schwer.

I Symptomatik einseitig ohne oder mit nur geringer funktionaler Beeinträchtigung.

II Beidseitige Symptomatik; keine Haltungsinstabilität.

III Leichte Behinderung, leichte Haltungsinstabilität; körperlich selbstständig, Arbeitsfähigkeit oft noch gegeben.

IV Starke Behinderung, Gehen und Stehen noch ohne Hilfe möglich.

V An Rollstuhl gebunden oder bettlägerig, sofern ohne Hilfe.

Also, wenn man mit den Begriffen etwas lax umgeht, geht es um Stehen und Gehen einerseits und weitere körperliche Behinderung andererseits.

Das ist aber noch nicht ausreichend. Insbesondere fehlt die Welt der Gedanken.

Deshalb wird die Skala eingebettet bzw. kombiniert mit UPDRS (uniified parkinsons disease rating scale, also frei übersetzt: vereinheitlichte Skala zur Begutachtung der Parkinson-Erkrankung),

Dies erfordert vom Arzt sehr genaue Erfassung zahlreicher Einzelmerkmale.

  1. Kognitive Funktionen, Verhalten und Stimmung
    • Intellektuelle Einschränkung (Gedächtnis)
    • Denkstörungen (Halluzinationen, Alpträume)
    • Depression
    • Motivation / Hilfe
  2. Aktivitäten des täglichen Lebens
    • Sprache
    • Speichelsekretion
    • Schlucken
    • Handschrift
    • Speisen schneiden und mit Utensilien umgehen
    • Anziehen
    • Hygiene
    • Umdrehen im Bett und Bettwäsche zurechtziehen
    • Fallen (unabhängig von Starre)
    • Erstarren beim gehen)
    • Laufen
    • Tremor
    • Sensorische Beschwerden (z.B. Kribbeln)
  3. Motorische Untersuchung
    • Sprache
    • Gesichtsausdruck
    • Ruhetremor
    • Aktions- oder Haltetremor der Hände
    • Rigidität
    • Fingerklopfen
    • Handbewegungen
    • Schnell wechselnde Bewegungen der Hände
    • Agilität der Beine
    • Aufstehen vom Stuhl
    • Haltung
    • Gang
    • Haltungsstabilität
    • Bradykinesie und Hypokinesie des Körpers (Langsamkeit und Bewegungsarmut)
  4. Komplikationen der Behandlung
    • Dyskinesien
    • Klinische Fluktuationen (Zusammenhang mit Medikamenteneinnahme)
    • Anderweitige Komplikationen (Appetitlosigkeit, Übelkeit, Schlafstörungen, orthostatische Symptome (Blutdruckabfall beim Aufstehen führt zu Schwindel, Sehstörungen oder Benommenheit))

So wie es also „den“ Parkinson nicht gibt, sowenig lässt er sich in eine Zahl pressen. Diese Skalen zeigen, worauf man achten kann oder sollte – und wohin die Reise geht.

Verwendetes Material: