Ende der Arbeit

Berufstätige Parkinsonisten stehen irgendwann vor der Frage, wie sie am Arbeitsplatz mit der Erkrankung umgehen. Es gibt drei wesentliche Meilensteine dabei:

  1. Das „Outing„,
  2. eine gegebenenfalls vorzunehmende Anpassung der Arbeitsinhalte,
  3. die Beendigung der Tätigkeit.

Zum Outing habe ich unter der Rubrik „selektive Wahrnehmung“ bereits viel gesagt (siehe Schlagwortwolke). Zum zweiten Punkt habe ich indirekt auch einiges in den Artikeln über die Wurfparabel und „Über die Berge“ gesagt,

Heute bin ich sogar der Auffassung, dass das Leben nicht wie eine Wurfparabel verläuft (es geht also nicht erst nach oben und dann nach unten). Nein, ich glaube, man kann es sogar andersherum sehen: es geht erst nach unten und dann nach oben. Denn man muss erst mal die Basics lernen, also Lebenserfahrung gewinnen, sich beim Hinfallen nicht nur einmal blutige Nasen zuziehen. Und dann kann man – gereift – von diesen Erkenntnissen zehren. Mit den akkumulierten Erkenntnissen lebt es sich doch viel leichter.

Nun, Sie ahnen schon: Ich werde gleich begründen, warum die Beendigung der Tätigkeit etwas Gutes hat. Und warum? Ja, Sie raten auch das richtig: ich habe meine Arbeitsstelle vor einiger Zeit aufgegeben. Und das will ich – natürlich positiv – begründen.

Und nun werden Sie sich sagen: solange er noch arbeiten konnte, war die Arbeit für ihn das heiligste. Jetzt – nach Übergang in den Rentenzustand – ist es andersherum. Ist das nicht ein groteskes Beispiel dafür, wie jemand seine Fahne nach dem Wind hängt?

Ja, und Sie haben damit sogar Recht. Jedenfalls kann man das auch so sehen. Aber man darf eben nicht vergessen: ich habe einen wichtigen Grund dafür, einen sehr wichtigen sogar. Ich bleibe ein glücklicher Mensch! Und DAS ist mein wichtigstes Asset gegen James Parkinson.

Schon immer war es eine meiner größten Stärken, mich selbst motivieren zu können. Selbst die drögesten Themeninhalte in Schule und Studium fand ich noch interessant. Und noch heute geht es mir oft so: wenn jemand mir sagt, das und das sei schlecht, antworte ich oft „ja, aber man muß auch sehen, dass …“.

Und ein konkretes Beispiel ist genau der obige Gedankengang. Man kann es formulieren als „ich hänge meine Fahne nach dem Wind“ – negativ. Oder aber – positiv: „Ich passe mich den Krankheitsstadien an.“ Aber wichtig dabei war: ich habe es mir nicht leicht gemacht (und übrigens meinem trotzdem verständnisvollen Umfeld auch nicht). Ja, rückblickend muss ich sagen, dass mir die Unterschrift unter meinen Aufhebungsvertrag nach mehr als 19-jähriger Tätigkeit beim gleichen Arbeitgeber schwerer gefallen ist als jede andere Unterschrift, die ich je im Leben getätigt habe.

Und auch das war wichtig: in dem Bewußtsein zu handeln, dass es wohlüberlegt und sehr gründlich vorbereitet war. Denn nur so kann ich mir sicher sein, glücklich zu bleiben. Ich werde mir nie den Vorwurf machen müssen, nicht alles versucht zu haben, um bei der Arbeit zu bleiben. Das ist zumindest eine gute Grundlage.

Ist das alles zu dramatisch dargestellt? Für einen Außenstehenden vielleicht. Aber für den Betroffenen geht es um die Aufgabe der Arbeit – das ist ein Abschnitt, der circa ein Drittel der gesamten Lebenszeit ausmacht. Dies ist wichtig zu bedenken, wenn man Parkinson-Kranke verstehen will. Es geht nicht um Nickeligkeiten. Nein, es geht um die Beendigung eines oft langen und wichtigen Lebensabschnittes. Und mit dessen Ende fällt eine wichtige „Ablenkung“ weg. Denn Arbeit hindert einen auch daran, sich ständig mit der Frage zu beschäftigen, was es denn mit dem eigenen Parkinson auf sich habe. Dafür muss ein Substitut gefunden werden.

Wenn Sie also wissen wollen, welche Gedankengänge man in diesem Zusammenhang haben kann, dann lesen Sie in dem nachfolgend verlinkten Artikel weiter. Ihm werden auch noch weitere folgen. Ich hoffe, ich habe Sie mit den hier gemachten Äußerungen ausreichend vorbereitet.

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