Beschreibung der Krankheit

Dieser Artikel erschien ursprünglich am 16.12.2009 auf dem Vorgängerdomain. Er ist hier leicht modifiziert. 

Immer wieder steht man vor der Frage, wie man einem Bekannten erläutert, was die Krankheit eigentlich ist und bedeutet. Deshalb nachstehend der Versuch einer Darstellung. Wenn Sie mögen, drucken Sie dies aus und verwenden es bei Ihren Freunden.

Die Krankheit ist benannt nach James Parkinson, der sie im Jahre 1718 als „Schüttellähmung“ bezeichnete und beschrieb. Dieses Wort gibt bereits die beiden wichtigsten körperlichen Teilaspekte wieder: man zittert und die Beweglichkeit ist phasenweise stark eingeschränkt.

Die Krankheit ist nicht ansteckend. Den Auslöser freilich kennt man nicht. Es könnten Umwelteinflüsse (zum Beispiel Pestizide, Konservierungsstoffe oder andere Nahrungsbeimischungen) sein, es könnte genetische Faktoren geben oder es könnte sich schlicht um eine Überforderung des Gehirnes handeln. Letzteres könnte durch besonderen Stress, harte Arbeit  oder ähnliches verursacht sein.

Im Gehirn werden Zellen abgebaut, die einen Stoff namens Dopamin produzieren. Das ist ein Glücks-Hormon, das im Körper außerdem für „reibungslose“ Beweglichkeit sorgt. Zum Zeitpunkt des Auftretens der ersten Symptome sind bereits circa 70 % der relevanten Gehirnzellen abgebaut beziehungsweise zerstört.

Die Krankheit verläuft degenerativ. Es werden also schleichend die Symptome stärker, je mehr Gehirnzellen abgestorben sind. Sie kann am Anfang recht gut medikamentös behandelt werden. Man führt dem Körper das fehlende Dopamin praktisch direkt zu.

Dies ist eine Entwicklung der jüngeren Zeit: noch vor circa 40 Jahren gab es keine entsprechenden Medikamente.

Das Kernproblem dieser Medikation ist, dass sie sich im Laufe der Zeit abnutzt. Die Fähigkeit des Körpers, extern zugeführtes Dopamin zu speichern, nimmt im Laufe der Zeit ab. Danach muss man sich anders behelfen: beispielsweise durch operativen Einbau eines sogenannten „Hirn-Schrittmachers“. Diese Operation nennt man „deep brain stimulation“ (dbs) oder „tiefe Hirn-Stimulation“ (THS). Dabei werden Elektroden ins Hirn eingebaut, die ihm eine Taktung geben. Diese Operation kann man heutzutage fast schon  als Routine bezeichnen. Sie wurde weltweit bereits einige Zigtausend mal durchgeführt.

Die Tabletten freilich haben auch recht massive Nebenwirkungen. Die sind natürlich stark von den individuellen Gegebenheiten ab: welches Medikament genau wird gegeben? In welcher Dosis? Wie ist die körperliche Verfassung?

Die Masse der Medikamente löst insbesondere Müdigkeitsattacken aus. Diese können je nach Dosis zum Teil recht deutlich ausfallen. Dies wird gepaart mit einer nächtlichen Unruhe beziehungsweise Schlaflosigkeit.

Die Lebenserwartung ist im Normalfall genauso lang oder kurz wie bei einem gesunden Menschen. Freilich ist die Wahrscheinlichkeit erhöht, seine letzten Jahre in einem von Demenz prägten Dämmerzustand leben zu müssen.

Wo ist nun das Problem? Ein bisschen Zittern, ein bisschen Lähmung – das klingt doch eigentlich recht harmlos.

Und damit kommen wir zum Kern: die beschriebenen Symptome zeigen einen allgemeinen Kräfteverfall einerseits und veränderte Mikrobewegungen andererseits. Dies ist mittel- bis langfristig das wichtigste begleitende Symptom. Indirekt wird dies auch in vielen Veröffentlichungen dargestellt: man sieht Menschen beim (meist erfolglosen) Versuch, einen Knopf zuzumachen oder Schnürsenkel zu binden.

Können Sie sich vorstellen, dass sie nicht mehr genug Kraft haben, um ein Handy der heutigen leichten Generation ans Ohr halten zu können? Oder dass Sie die Verwendung von 3-lagigem Toilettenpapier auch 3 mal mehr anstrengt als bei 1-lagigem – ja, selbst das Abreißen an der Perforationslinie kostet … Kraft. Das Zuknöpfen eines Hemdes kann man sich ebenso schwer als problematisch vorstellen.

Neben den beschriebenen physischen Phänomenen ist es natürlich auch wichtig, die Frage zu beleuchten, was psychisch und emotional mit dem Betroffenen geschieht.

Zu den möglichen Anfangssymptomen zählt u. a. auch der „Rückzug aus dem Freundeskreis“. Gegenüber all den anderen Erscheinungen zu Beginn (z. B. verkleinerte Schrift, zittrige Gliedmaßen, Lähmungserscheinungen einseitig) ist dies deshalb einer der interessantesten Aspekte, weil er bereits andeutet, dass die Krankheit auch zu Verhaltensänderungen führt.

Dies zeigt, dass man sich als Betroffener tendenziell immer mehr in eine Art Schneckenhaus zurückzieht und sich bestimmten Herausforderungen gar nicht mehr stellt.

Der zweite Effekt dagegen ist sicherlich ein ganz bewusster: Der Moment der Diagnose ist für viele sicherlich aus mehreren Gründen ein großer Schock. Das wichtigste ist, dass man aus heutiger Sicht die Krankheit als unheilbar einstufen muss. Allein das führt natürlich zu beklommenen Gefühlen. Allerdings wird sehr intensiv an neuen Medikamenten und anderen Therapieformen geforscht.

Vom Effekt her ist es ähnlich wie im Film Titanic von James Cameron dargestellt:
Dort wird der Zuschauer in eine interessante Position versetzt, in dem man ihm relativ zu Anfang des Filmes anhand einer Computersimulation zeigt, wie der Ablauf des Untergangs der Titanic tatsächlich stattgefunden hat.

Dies führt beim Zuschauer dazu, dass alle nachfolgenden Ereignisse immer unter diesem Aspekt betrachtet werden. Jedes Ereignis in sich erscheint dem Zuschauer als eine letztmalige Gelegenheit sich aufzubäumen, bevor das Schiff endgültig untergegangen ist. Man erlebt die Fahrt in den Untergang hautnah selbst mit.

Darüber hinaus nimmt die nervliche Anfälligkeit für sensible Situationen zu. Typischerweise führt die Wahrnehmung von traurigen Erlebnisberichten anderer Menschen (z. B. Erkrankungen oder sonstige traurige Ereignisse) zu einer überhöhten Reaktion beim Parkinsonkranken.

Damit haben wir also die wichtigsten Aspekte nun einmal kursorisch gestreift, die die Krankheit ausmachen: Auf der physischen Seite sind es

  • Zittern
  • Lähmungserscheinungen
  • Schwere und eingeschränkte Beweglichkeit

und auf der eher psychischen und emotionalen Seite sind es die folgenden Punkte:

  • Schockmoment durch Diagnose
  • zunehmendes Bewusstsein einer permanenten Abwärtsbewegung der körperlichen und seelischen Leistungsfähigkeit
  • nervliche Anspannung
  • zunehmende Unfähigkeit sich zu organisieren
  • Antriebslosigkeit und Verwahrlosung
  • Alpträume und Angstzustände

Ein Teil dieser Symptome ist der Krankheit selbst geschuldet, ein anderer Teil resultiert als Nebenwirkung der Medikation.