Serie Verlauf – Tagesprotokolle 2024-08 – Zugleich: Auf der Intensivstation

31.08.2024

Ich lag circa drei Wochen auf Intensivstation. Nachfolgend lege ich dar, wie es dazu kam.

Dieser Beitrag wurde mehrfach umgeschrieben. Und zwar deshalb, weil einige Teile pure Einbildung waren. Ich hielt sie für real., aber sie waren es nicht. Das erfuhr ich entweder von Freunden oder es war physikalisch unmöglich. Ich bitte deshalb um Nachsicht, wenn insbesondere strukturelle Mängel sichtbar werden. Jede Änderung wirkt sich auch auf die Struktur aus.. Diese verliert dadurch in der Regel an Qualität.

Vorgeschichte

Es ist Mittwoch früh, gegen 8 Uhr. Ich bin gerade aus einem sehr langen und sehr schlimmen Alptraum erwacht. Eigentlich nicht ungewöhnlich. Ich weiß ja schon lange, dass die Nebenwirkungen der Agonisten auch Träume und Fantasien sind. Deshalb schreie ich manchmal in der Nacht ohne einen nach außen ersichtlichen Grund.

An diesem Tag aber ist etwas anders: Ich kann nicht mehr zwischen Fantasie und Wirklichkeit unterscheiden. Dies ist ein Alarmzeichen. Ich beschließe, damit schleunigst zum Neurologen zu gehen.

Aber mein Bauch kommt mir zuvor: Sehr starke Schmerzen manifestieren sich. Der Bauch drückt von unten nach oben.. Die Schmerzen nehmen mit rasanter Geschwindigkeit zu.

Ich versuche die üblichen Haushaltsmetoden, um die Bauchschmerzen wegzubekommen: Fencheltee, diverse Abführmittel, Wärmflasche. Aber nichts will helfen. Auch die Art und Heftigkeit des Schmerzes sind ungewöhnlich. Ich kann mich nicht erinnern, jemals zuvor so heftige Bauchweh gehabt zu haben.

Um 8 Uhr am nächsten Tag kapituliere ich. Ich wähle die 110. und schildere wie oben beschrieben meine Vorgeschichte.

Zunächst werde ich angeblafft, es handele sich doch gar nicht um einen Notfall. Denn wenn es bereits am Vortag begonnen habe, könne dies kein Notfall sein.

Mein Gegenargument, ich hätte zunächst mit Hausmitteln versucht, die Schmerzen wegzubekommen, gelte nicht. „Ein Notfall ist ein plötzlich eingetretenes Ereignis, das eine unmittelbar [sic!] Gefahr für Leben und Gesundheit des Patienten bedeutet..“ (Quelle: https://www.thieme-connect.de/products/ebooks/lookinside/10.1055/b-0033-2551)

Diese Definition beinhaltet allerdings mindestens zwei Schwachpunkte: (teile ich als Hintergrund hier mit)

  1. Wie soll man feststellen, ob eine solche Gefahr besteht? Beispiel: Einer unter Trümmern eingeschlossenen Person gehe es körperlich gut. Dann hängt die Gefahreinschätzung von der Situation des Trümmerhaufens ab. Große Gefahr besteht bei hoher Wahrscheinlichkeit eines Zusammenbruchs. Aber wer kann die schon einschätzen?
  2. Gemeint ist wohl „Gefahr für Leben oder Gesundheit“, nicht „und“..

Wie ich heute weiß – und da schon hätte wissen müssen – versucht man gerade eine Entlastung der Notaufnahmen bundesweit. Deshalb hätte ich 116 117, und nicht die 110 wählen sollen.. Das nächste Mal mache ich es besser.

Zurück zum Telefonat: Nach einigem Hin und Her gelingt es mir doch, ihn zu erweichen. Er schickt einen Wagen vorbei.

Wie sich zeigt, ist mein Oberbauch voll mit Stuhl.. Bei Trägheit der Verdauung kann es dazu kommen, dass ein Passieren der Nahrung durch das Verdauungssystem praktisch unmöglich wird. Das kommt im Alter durchaus nicht selten vor.. Bei Parkinson-Kranken ist der Verdauungsapparat ebenso träge wie bei Alten..

Also erhalte ich einige Abführmittel, die schnell wirken und große Mengen Stuhl aus dem Bauch entfernen. Danach werde ich entlassen. Aber bereits wenige Stunden später begebe ich mich ins Krankenhaus zurück. Der Schmerz ist mit unverminderter Härte zurückgekehrt. Eine andere Bildgebungstechnik zeigt, dass immer noch sehr viel Stuhl im Körper steckt. Was ich bisher für eine große Menge Stuhl hielt, war nur ein Bruchteil des tatsächlichen Umfangs.

Diesmal wurde ich also nicht nach Hause entlassen, sondern in eine andere Klinik transportiert. Diese ist auf Verstopfung spezialisiert.

Ich willige ein, eine Operation zu bekommen, um den Dschungel (aus Stuhlresten) zu lichten und den Durchlass an Nahrung zu erhöhen. Diese verläuft erfolgreich.. Allerdings muss das gute Werk nachhaltig Bestand haben. Dazu muss gezeigt werden, dass der Stuhl im Körper seinen richtigen Weg findet.

Aus mehreren Gründen kam ich zunächst auf die Intensivstation:.

  • Ich hatte sowohl eine Erkrankung des Bauchraums als auch eine neurologische, also die Ausprägung von .zwei nicht einfach zu behandelnden Krankheitsbildern.
  • Ich hatte gleich zu Beginn des Aufenthaltes in diesem Krankenhaus einen „unflätigen Anfall“ (eine Impuskomtrollstörung.). Dabei bin ich sehr ausfallend geworden. (wie ich später hörte – ich selbst hatte nur eine bruchstückhafte Erinnerung). Und ich habe versucht, viel herumzukommandieren. Zum Glück habe ich nichts zerstört – das Beziehungsporzellan reichte bereits. Ich habe mich später bei den Beteiligten entschuldigt.)
  • Die Intensivstation hat die besten Überwachungsmöglichkeiten, sowohl in medizinischer Hinsicht (Herzschlag, Atmung etc) als auch in Bezug auf das Verhalten (nächtliche Aktivitäten,, Unruhe, Angstzustände).

Das kann ein paar Tage dauern. Das wäre dann unproblematisch, wenn ich nicht noch die Parkinson-Alpträume hätte, vor denen mir wirklich graust. Aber nicht nur habe ich Sorge, immer rabiater und bösartiger zu werden. Vielmehr frage ich mich, mit wem ich denkbare Maßnahmen besprechen kann. Ein Neurologe ist an das Haus angeschlossen – aber immer nur Freitags da – gerade vorbei. Mein eigener ist gerade in Urlaub. Von der Dringlichkeit meines Anliegens bekomme ich niemanden überzeugt.
Es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich medizinisch eigenmächtig handele – basierend auf meinen Erinnerungen an frühere Umstellungen der Medikation.

Der Agonist muss raus. Ich bringe ihn runter von 14 mg auf 8 mg. Gott sei Dank gibt es nicht allzu viele Krämpfe. Aber ich merke, wie mein Kopf klarer wird. Die Alpträume werden harmloser und seltener.

Die Tage vergehen. Der Nachweis meines Erfolges beim Stuhlgang ist allerdings noch entfernt. Denn: Um vorsichtig wieder anzulaufen, darf man entweder gar nichts essen oder allenfalls Naturjogurt. Ich versuche, den Ärzten zu erklären, dass ich so kaum Medikamentenwirkung erzielen kann. Aber die sind eher auf Vorsicht eingestellt – es bleibt bei der Schmalspurdiät.

Insgesamt verbrachte ich fast vier Wochen in diesem Krankenhaus, davon fast drei auf der Intensivstation. Dann konnte ich in die Parkinson-Spezialklinik, in der ich mich jetzt seit einigen Tagen befinde. Es fühlt sich vertrauter an. Aber das liegt natürlich auch daran, dass mir Parkinson vertrauter ist als jede sonstige Erkrankung.

Mein Pech war, dass ich zur gleichen Zeit 2 Krankheitshöhepunkte hatte: den Bauch und die Träume.